Manifest

Selfie-Video
Gesprochen von Ella Gaiser

Ich hänge über dem Abgrund
und möchte loslassen.
Für den Rest meines Lebens.
Nur noch fallen.

Wer spricht da?
Gott oder der Teufel?
Ich oder ein anderer?
Die Liebe oder die Angst?

Um den Abgrund herum:
mein weltliches Leben.

Sie schreien:
Mal für uns.
Spiel für uns.
Schreib für uns.

Ich ziehe mich nach oben.
Ihr habt mich wieder.
Ihr jubelt.

Dafür werde ich Euch niedermähen
mit dem Maschinengewehr.

Was für eine Metapher,
schallt es mir entgegen.
Ich lächele betreten.
Ich meinte es doch eigentlich ernst.

Kunst,
das war doch mal die Keimzelle einer anderen Welt.
Wir haben sie zum Schnellbackbrötchen gemacht.

Wir wollen alle nach oben.
Wir stehen auf einer Vernissage im Kreis.
Einer von uns ist Multimillionär.
Die Restlichen wissen nicht,
wie sie die Miete zahlen sollen.
Wir haben uns auf den Ast gesetzt,
an dem wir sägen müssten.

Ach was,
sägen wir!
Ziehen wir uns den Stuhl unterm Arsch weg.
Ab heute sitzen wir in der Luft.

Ich habe Angst.
Ich bin einsam.
Ich könnte mich irren.

Und eigentlich versuchen wir alle,
nur mit uns selbst klarzukommen.

Wohl dem, der davon leben kann.

Wir restlichen?
Sollten uns nicht aufspielen.
Wer spielt, kann verlieren.
Und wir haben statistisch gesehen
schon verloren.

Also fahren wir Pizza aus,
für Lieferbiber und co.
Bringen den Künstlern etwas zu essen,
die es sich diesen Monat leisten können.

Zwischendurch springt einer ab
und landet in einer Anstalt,
oder bringt sich um,
wenn er die Courage dazu hat.

Es geht ums Leben.
Und nicht um den Vergleich.
Nicht um einen Wettbewerb.

Um unvergleichliche Gefühle geht es.
Um ein ehrliches:
Ich liebe dich.
Um ein ehrliches:
Ich bin traurig.

Gesagt zu einem Menschen.

Es geht darum, es persönlich zu machen.
In der Arbeit und im Leben.

Und doch zerfleische ich mich zuallererst selbst.

Weil ich an meinen neuen Bildern scheitere.
Weil ich an der Farbe scheitere.
Weil es mir nicht gelingt, ein Bild zu malen,
das mich beeindruckt.
Ein Bild, das an meine bisherigen Bilder rankommt.

Und da ist er wieder,
der Vergleich.
Ein Vergleich mit mir selbst.
Der mich von mir selbst entzweit.

Wo ich den Schlüssel hin habe?
Male, Du Arschloch.
Dann sehen wir weiter.

Ich lasse mich doch nicht erpressen.
Na, das wollen wir mal sehen.

Okay, Du hast gewonnen.
Also greife ich zum Pinsel und male.

Hätte ich mich doch fallen gelassen.